Fahne der Althistorischen Narrenzunft Narrhalla

Ausstellung im Rathaus zum 125 jährigen Bestehen der Althistorischen Narrenzunft Narrhalla Hechingen, Jan./Feb. 2003

Informationen und Texte sind der Ausstellung entnommen.
Erste Belege für Fastnachtstreiben in Hechingen finden sich in den gräflichen Landesordnungen des 16. Jahrhunderts. Verboten bzw. eingeschränkt war damals die “Holung deß Fastnacht-Kuchlins” und das Tragen von “Mummen oder Butzen-Kleidung”. Wie die Butzenkleidung damals aussah, ist allerdings nicht bekannt.
Ab den 1830er-Jahren berichten die Zeitungen über Saalveranstaltungen und Maskenbälle im Stile des rheinischen Karnevals. Erstmals ist für das Jahr 1856 ein Fastnachtsumzug erwähnt. Aus einem lose formierten “Narren-Comitee” heraus gründete sich dann 1877 die Narrhalla Hechingen, die im Jahr darauf sogleich mit der Organisation des Umzuges überzeugte. In den Hohenzollerischen Blättern war zu lesen: “Der durch die Narrhalla veranstaltete öffentliche Maskenzug am Dienstag Mittag gehört zu den glänzendsten derartigen Aufzügen, die Hechingen seit Jahrzehnten gesehen. ... Der Zug entfaltete sich von der Bahnhofsstraße aus in folgender Weise: Ein Herold zu Pferd. Russisch-Polnische Edelleute zu Pferd. Ein Musik-Corps. ... Prinz Carneval, umgeben von 4 Pagen und seinem Hofnarren. Hofküche des Prinzen. ...”
Ab 1880 gab die Narrhalla eine eigene Narrenzeitung heraus, das Jahr 1911 wurde genutzt um erstmals einen Elferrat zu wählen. Der erste Umzug nach dem Ersten Weltkrieg fand 1925 statt und musste um genehmigt zu werden als “historischer Umzug” organisiert werden. Er hatte das Thema “Alt-Hechingen”.
Das 50-jährige Jubiläum brachte das “Hechinger Narrenspiel” und daraus resultierend im Folgejahr die Aufnahme in die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Die Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte 1947. Nach Butzen und Pestmännle wurde 1961 der Schalksnarr eingeführt.
Höhepunkte im Vereinsjahr sind der Herbstball am Samstag nach dem 11.11., die Übernahme des Narrenregiments am “Auseliga Daoschtig”, der Preisball am Fastnachtssamstag und die Ausrichtung des Umzuges am Fastnachtsdienstag zusammen mit den Zollerhexen.

Butzen und Pestmännle
Beide Figuren sind aus dem Narrenspiel von Karl Widmaier im Jahre 1927 entwickelt worden. Das Pestmännle stellt den Bösewicht dar, der die in ein Loch gebannte Pest wieder herauslässt und für die Verbreitung des “Schwarzen Todes” verantwortlich ist. Anfänglich eine Puppe, versteckt sich heute ein Hästräger unter dem schmerzverzerrten, mit Pestbeulen übersäten Maske. Im Umzug wird das Pestmännle von schwarzen Butzen an Ketten geführt, beim Narrenspiel wird es nach seiner Verurteilung zum Tode durch den roten Butz mit dem Schwert enthauptet. Der rote und die schwarzen Butzen tragen lange Oberteile und weit ausgestellte Hosen. Die hohen sich verengenden Hüte sind mit magischen Zeichen und bunten Bändern geschmückt. Die glatten Masken der schwarzen Butzen sind mit Ziegenbärten geschmückt, über die Schulter tragen sie einen Schellenriemen. Die furchterregenden Narrenfiguren sind dafür zuständig die Pest zu vernichten. Vor der Einführung der Holzmasken beim Herbstball 1991 trugen die Butzen nur Stoffmasken und anstatt der Hosen lange Röcke.

Eine Alte

Ein Lump

Ein Schalksnarr

Fasnetplakate und
Narrenorden

Die Alten (Altweiber) führen am “Auselige, dem unseligen Donnerstag, das Regiment. Mit prächtigen Kleidern und Hüten - der bürgerlich-städtischen Mode des 19.Jahrhunderts entlehnt - und am Auselige mit einer Maske anonymisiert, nutzen sie jede Gelegenheit, mit den Herren der Schöpfung ihren Schabernack zu treiben oder diese mit allerlei kleinen Leckereien und “Wässerchen” zu verköstigen. Die Kostüme der Alten sind wie auch die der Lumpen nicht normiert.
Die Lumpen, deren traditioneller Tag der “Lumpenmontag” ist, haben die älteste Tradition inder Hechinger Fastnacht. Die Art und Weise, sich mit Hilfe abgetragener Kleidungsstücke und durch Schwärzen oder Schminken des Gesichts zu verkleiden, ja unkenntlich zu machen, ist der närrische Ausdruck der bäuerlichen und Handwerker-Unterschichten., die kein Geld für aufwendige Verkleidungen erübrigen konnten.
Der Schalksnarr wurde 1961 eingeführt und trägt ein traditionelles Narrenkostüm , wie es schon während der frühen Neuzeit im 14./15. Jahrhundert häufig abgebildet ist: das glöckchen-besetzte bunte Gewand wird durch eine eselsohrumrahmte Holzmaske ergänzt, als Narrenattribute werden Spiegel und “Saubloter” mitgeführt. Die Figur erinnert an die Tradition der Hofnarren, die wohl auch am Hofe des Zollergrafen für Amusement zu sorgen hatten. Auf der Brust des Kostüms ist das schwarz-weiß-gevierte Zollerwappen mit dem Gansfuß angebracht

Erster Hechinger Narrenmarsch von 1933

Narrenspiegel von 1925
Amtsblatt des Freistaates “Narrhalla” - Organ der närrischen Freiheit

Hechinger Narrenmärsche
Der erste Hechinger Narrenmarsch wurde von dem musikalisch hoch begabten Rabbinatsverweser Leon Schmalzbach komponiert und der Narrhalla gewidmet. Der Text stammt von Eugen Wolf, der wioe viele andere Hechinger Juden ein begeisteter Fasnachtsnarr war. Die Uraufführung fand 1933 statt. Angesichts der nationalsozialistischer Herrschaft war dem Marsch leider keine Zukunft beschieden.
Der heute noch gebräuchliche Narrenmarsch der Narrhalla wurde von Gustav Müller komponiert und von den damaligen Elferräten Max Schetter und Hans Schäfer getextet. Die Uraufführung dieses Narrenmarsches fand anlässlich eines Narrentreffens in Oberndorf a. N. am 1.2.1936 statt.
Ein weiterer Narrenmarsch wurde 1955 uraufgeführt. Der Text stammte wiederum von Hans Schäfer, komponiert hatte ihn der Rottenburger Stadtmusikdirektor Karl Bengel. Dieser Marsch hatte sich allerdings nicht durchgesetzt.

Hechinger Lumpenlied (Melodie Schneewalzer)

Wenn die Fasnet kommt ins Land,
schlupft alles in sei Narragwand,
Butza, Hexa send dabei,
und au d’Lompa sprengat frei!
No herrscht Jubel, Heiterkeit.
Wie sich do des Herz erfreut!
Heut isch unser Fasnetstag,
wie mer ihn in Hechingen mag.

Refrain:
Denn Lumpen, Lumpen, Hechinger Lumpen sind wir,
wir spielen nur für Schnaps und Bier.

Erscht am Montag losnet blos,
läßt mer alle Lompa los.
Au mir alle send dabei,
bei der großa Lomperei.
Einer bläst, der andere singt,
der Kurt mit der Trommel springt.
Er und I, Ihr alle au,
send am Abend dann so blau.

Refrain: ...
 

Der Gansfuß
Die Narrhalla führt als Wappen zwei gekreuzte Gänsefüße vor dem schwarz-weißen Zollerschild. Als höchste Auszeichnung für Verdienste um den Verein und die Hechinger Fasnacht wird von ihr der Gansfuß-Orden verliehen.
Nach der Gansfuß-Sage konnten sich die Stadträte vor Urzeiten nicht einigen, an welcher Stelle das Hechinger Rathaus zu erbauen sei. Im Verlauf der lang anhaltenden Debatte flog in der Nähe eine Schar Gänse auf, und die Räte verständigten sich darauf, das Rathaus dort zu bauen, wo diese sich niederlassen würden, was auch geschah.
Der konkrete Anlass für die Legendenbildung dürfte die Aufnahme der Erbkämmerstäbe in das gräfliche Zollerwappen gewesen sein. Graf Eitelfriedrich II. von Zollern war 1505 mit dem Amt des Reichserbkämmerers ausgestattet worden, das erblich war. Dies berechtigte dazu, die Insignien im Wappen zu führen. Die Stäbe mit ihrer dreizackigen Spitze können leicht als Gänsefüße mißgedeutet werden.
Ludwig Eglers Gedicht “Die Gänsefüße im Wappen von Hechingen” endet mit folgender Feststellung: “Ist eine Stadt im Land von gutem Klang / Weiß zu erzählen sie bei aller Ehre / Von sich auch immer eine Schwabenmähre.”

Das Hechinger Narrenspiel
entstand 1927 zum 50. Geburtstag der Narrhalla. Das von Karl Widmaier entwickelte Narrenspiel bildete die Grundlage der Butzen-Figuren und des Pestmännles. Das komplette Narrenspiel wurde allerdings nur einmal, 1927, aufgeführt. In vereinfachter Form wurde das Narrenspiel jedoch stets weiter gepflegt, in den 1930er-Jahren als “Narrenschlag”. Seit einigen Jahren haben Elemente aus dem Narrenspiel eine Wiederbelebung bei der Pestmännleverbrennung am Abend des Fasnachtsdienstages erfahren.